Matterhorn Nordwand Schmidroute

Bis zum grösseren Neuschneefall Ende Oktober wurde die Matterhornnordwand regelrecht belagert. Mit den winterlichen Bedingungen kehrte jedoch wieder Ruhe am Matterhorn ein. Für die zweite Novemberwoche meldete der Wetterbericht keinen nennenswerten Niederschlag mehr und für Freitag fast kein Wind und milde Temperaturen in der Höhe. Diese Chance wollten wir uns nicht entgehen lassen und entschieden uns für einen Versuch an der Matterhorn Nordwand. Ob wir wegen der Lawinengefahr überhaupt an den Wandfuss gelangen würden, war ich mir im Voraus nicht sicher, da die Tage davor ein starker Föhn bliess. Von dem erhoffte ich mir jedoch, dass er die Wand etwas ausblasen würde. Mit meinem Gast besprach ich das im Vornherein und wir entschieden uns, einfach mal loszugehen und die Verhältnisse vor Ort anzuschauen und gegebenenfalls noch vor der Wand umzudrehen.

Von Montag bis Mittwoch kletterten wir verschiedene Mixedrouten im Berner Oberland als Vorbereitung. Am Donnerstag ging es dann zur Hörnlihütte hoch. Der Aufstieg ab Trockener Steg war ohne Spur, im zum Teil sehr tiefen Schnee, schon eine rechte Anstrengung. Die Lawinensituation war zum Glück weniger heikel als ich angenommen hatte. Nirgends ein Anzeichen für eine mögliche Gefahr.

Nach einer erholsamen Nacht im Winterraum der Hörnlihütte starteten wir erst um 04:30. Eigentlich schon recht spät, aber ich wollte bei dem schwierig zu findendem Übergang zur Naht Tageslicht haben. Zwei Franzosen sind kurz vor uns gestartet und haben bis zum Wandfuss gespurt, herzlichen Dank! Im Zustieg zur Wand ist eine kurze Felsstufe, die man normalerweise über ein ansteigendes Band erklettert. Im stark verschneiten Fels konnte ich jedoch keine Sicherungsmöglichkeit für meinen Gast finden und entschied mich weiter rechts über einen kurzen Eisfall hochzuklettern, wo ich prima sichern konnte.

Der untere Teil der Wand ging gut zu gehen und ich konnte alle 50 Meter eine zuverlässige Eisschraube eindrehen und mithilfe der Microtraxion kletterten wir simultan. Die mit M4 bewertete Länge zur Naht hoch war ziemlich stark mit lockerem Schnee eingeblasen und erforderte einiges an Putzarbeit. Die ersten beiden Längen der Naht liessen sich gut klettern. Das änderte sich jedoch bereits in der nächsten Seilllänge. Eine dünne Schneeschicht überdeckte die ohnehin recht trockene Kletterei und es musste sorgfältig geklettert werden. In der Querung zum Eisfall hinüber galt es, die wenigen guten Sicherungsmöglichkeiten zu nutzen, um für Mike ein gewisses Mass an Sicherheit zu bieten. Der Eisfall war dann Genuss pur – an den grossen Hooks durch die unzähligen Begehungen im Monat davor. Die folgende Querung war durch die Pulverschneeschicht eher wieder auf der anspruchsvollen Seite. «Nun ist das Gröbste vorbei», dachte ich mir anschliessend. Leider hatte ich mich heftig geirrt. Bald wurde es dunkel, die Orientierung dadurch nicht gerade einfacher und das Gelände blieb anspruchsvoll. Das Schwierigste war meist, einen Standplatz zu bauen, um Mike sicher nachsteigen zu lassen. Mit Erreichen des Zmuttgrates dachte ich wieder «jetzt wird es dann gäbiger». Nicht. Etwa 10 cm Pulver auf den nicht sehr soliden Felsen erforderten nochmals volle Konzentration. Doch irgendwann hatten auch wir das hinter uns und konnten uns recht müde um 23:05 auf dem Gipfel gratulieren. Obwohl wir die Biwakausrüstung dabei hatten, entschieden wir uns für den Abstieg bis zur Solvayhütte. Bei den winterlichen Bedingungen zog auch ich es vor, an Stangen abzuseilen anstatt abzuklettern. Das brauchte seine Zeit und so kamen wir schliesslich um halb vier in der Solvay an, wo wir uns noch schnell etwas kochten und anschliessend in unsere Schlafsäcke verzogen, um ein paar Stunden zu schlafen. Am nächsten Tag weiter über den nicht enden wollenden Grat hinunter zur Hörnlihütte. 

Matterhorn Nordwand fast alleine, dafür bei anspruchsvollen Verhältnissen, einer unglaublich schönen Stimmung mit dem Mondlicht auf dem Gipfel und einem tief verschneiten Hörnligrat im Abstieg. Ein gelungenes Erlebnis, das uns noch lange in Erinnerung bleiben wird. 

Herzlichen Dank Mike für dein riesiges mir entgegengebrachtes Vertrauen und herzliche Gratulation zu deiner ersten ganz grossen Nordwandroute!

 Mano

12. November 2021


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